Über die Biene und den Honig
Über die Biene
Am Anfang war DIE ZEIT.
Ein Artikel dieses Blattes schreckte mich vor ein paar Jahren völlig überraschend auf. Bis heute beschäftigen mich die darin veröffentlichen Erkenntnisse. Und je mehr ich mich in den Stoff vertiefte, desto stärker spürte ich das Verlangen zu handeln: Selbst Hand anzulegen und Menschen dafür zu begeistern dasselbe zu tun.
Das, worum es geht, ist eigentlich winzig klein und wiegt nur ein Zehntel Gramm. Es ist höchst lernfähig, obwohl sein Gehirn nur 1/2 mm dick ist. Es kommuniziert mit Artgenossen über Gegenstände, die die Beteiligten in ihrer stockfinsteren Behausung nicht sehen, aber vorstellen können. Und sie praktizieren seit 20 Millionen Jahren Demokratie in Reinform. Es geht um die Biene.
Die älteste Demokratie der Welt braucht unsere Hilfe.
Ohne Maja hätten wir Menschen ein Problem von gigantischer Tragweite. Fast alles, was wir verzehren, hat pflanzlichen Ursprung. Selbst das Steak auf unserem Teller wäre ohne das Gras, das der Stier frisst, nicht produzierbar. Und die meisten Pflanzen können nur deshalb gedeihen, weil Insekten sie befruchten. Die größte Bestäubungsleistung vollbringen die Honigbienen. Amerikanische Wissenschaftler haben jüngst belegt: Ohne die Arbeit der Biene würden Jahr für Jahr 1,4 Millionen Menschen zusätzlich sterben.
Und insbesondere unsere europäische Biene ist hochgradig bedroht. Es gibt in Europa kein Honigbienenvolk mehr, das nicht von der Varroamilbe befallen wäre. Dieser erfolgreichste Parasit aller Zeiten tötet jedes Bienenvolk innerhalb von zwei Jahren. Hilfe leisten können allein Imkerinnen und Imker mit einer vielgestaltigen Therapie. Und trotzdem starben im letzten Jahr über 20 Prozent aller von Imkern betreuten Bienenvölker.
Das ist der Grund, weshalb ich Imker geworden bin. Und ich möchte vielen Bienenvölkern das Überleben sichern. Der dabei abfallende Honig hilft, die Kosten erträglich zu halten. Entscheidend aber ist, dass in unserem engeren Lebensraum auch künftig viele, viele Pflanzen bestäubt und erhalten werden. Bienen sorgen für Blütenvielfalt und Blütenfülle, insbesondere aber für pflanzliche Vermehrung und für gute Ernten.
80 % des Honigs in unseren Läden kommt jedoch nicht aus Deutschland (Etikettenaufdruck: aus europäischen und nichteuropäischen Ländern). Die Bienen in China und Mittelamerika helfen unserer heimischen Pflanzenwelt selbstverständlich überhaupt nicht. Unsere pflanzliche Umwelt kann nur von Bienen in unserer Region gerettet werden.
Das älteste Lied der Welt ist das Summen der Bienen.
Wer sich mit Bienen beschäftigt, wird sie nicht mehr los. Und was wir über Bienen noch nicht wissen, übersteigt die bereits vorliegenden Kenntnisse bei weitem.
Bienen gibt es seit 100 Mill. Jahren. Sie waren es, die der Natur zu vielfältigen Farben, Formen und Düften verhalfen. Denn die Pflanzen stellten sich auf den Nutzen der Bestäubung durch Bienen ein. Sie warben mit attraktiven Eigenschaften um ihren Besuch und belohnten sie mit Nektar und Pollen.
Ihre körperliche Ausstattung und ihr Verhalten sind seit 20 Mill. Jahren unverändert. Die Natur hat keine Veranlassung gesehen, sie weiter zu optimieren. Den Menschen gibt es erst seit 4 Mill. Jahren.
Den Stachel hat die Biene nicht für den Menschen entwickelt, sondern für angreifende Artgenossinnen anderer Völker.
Die einzelne Biene ist gar nicht lebensfähig. Sie ist Teil eines Superorganismus. Biologen sprechen vom Bien (Bienenvolk). Der Bien nutzt alle Funktionen und Abläufe, wie wir sie vom Säugetier bzw. vom Menschen kennen. Nur ist der Bien nicht ortsfest, sondern mit seinen Tausenden Einzelwesen kilometerweit verteilt. Dabei ist der Bien theoretisch unsterblich. Er erneuert sich ständig. Es sind in Afrika 4000 Jahre alte Bienenvölker nachgewiesen worden.
Alles Spezialisten
Die Bienen schaffen sich ihre Wohnwelt mit einem im eigenen Körper erzeugten Baustoff, dem Wachs. Sie klimatisieren ihre Höhle bzw. ihren Stock über Kanäle, die sie mit fächelnden Bewegungen belüften. Und sie produzieren im Kopf die Nahrung für ihre Nachkommen (Gelée Royal).
Jede Biene durchläuft in ihrem kurzen Leben eine Fülle von Berufen. Sie beginnt als Putzkraft und Amme, arbeitet bis zum Umfallen als Heizerin, versorgt in einer anderen Phase ihre Kolleginnen, die keine Pause machen können, mit Nahrung, trägt angelieferten Nektar und Pollen ins Lager ein und verarbeitet die Ware zu hochwertigem Honig. Sie dient der Königin als Zofe, müht sich als Bestatterin mit toten Bienen ab und kontrolliert als Wächterin jeden Ankömmling am Flugloch, um fremde Eindringlinge abzuwehren.
Erst die alte, erfahrene Biene darf ins feindliche Leben ausfliegen, um nach Trachtpflanzen zu suchen, ihre Kolleginnen im Stock auf die Nektar-. Honigtau- und Pollenquellen aufmerksam zu machen und dann selbst alles heranzuschaffen, was im Stock benötigt wird. Dabei transportiert sie Lasten, die die Hälfte ihres Körpergewichts ausmachen.
In Manchem hat es die Biene besser als wir: Ihre Leistungsfähigkeit nimmt mit dem Alter zu. Die alten Tiere sind lernfähiger, flexibler, intelligenter und tapferer als die jungen. Werden sie allerdings krank oder erahnen sie ihr baldiges Ende, so kehren sie nicht wieder zu ihrem Volk zurück.
Über den Honig
Als Imkerin/Imker lernen Sie in frischer Luft eine verblüffende Lebensform kennen und Sie leisten aktiv Naturschutz. Bienenhaltung ist eine spannende und unerwartet vielgestaltige Tätigkeit mit einem überschaubaren Zeitaufwand.
Für dieses Hobby braucht man keinen großen Garten. Einige Imker haben Bienenstöcke auf dem Balkon ihrer Stadtwohnung. Unter den mehreren Hundert Neuimkern, die wir jährlich in Nordrhein-Westfalen zählen, befinden sich Männer und Frauen fast jeden Alters. Imkern lässt sich sowohl allein als auch mit der ganzen Familie.
Als Honigverarbeiter stellen Sie ein natürliches, unverfälschtes und leckeres Produkt her, mit dem Sie sich und anderen etwas Gutes tun (und darüber hinaus auf Dauer weitgehend Ihre Kosten decken können).
In verschiedenen Einrichtungen können Sie in Anfängerseminaren und Praktika die erforderlichen Grundkenntnisse erwerben. Im Imkerverein finden Sie Paten, die Sie in der Lernphase und darüber hinaus beratend und zupackend begleiten.
Unverfälschter Honig ist schmeckbare Landschaft.
Honig ist ein natürliches und gesundes Lebensmittel. Er ist besser zu verstoffwechseln und verursacht deutlich weniger starke Schwankungen der Blutzuckerwerte und bei der Insulinfreisetzung als normaler Haushaltszucker. Im Honig befinden sich über 180 verschiedene Inhaltsstoffe. Viele von ihnen sind lebenswichtig und enthalten nachweislich gesundheitsfördernde Eigenschaften.
In Pariser Krankenhäusern wird inzwischen reiner Honig zur Wundbehandlung eingesetzt. Der Honigfilm auf der verletzten Haut verkürzt den Heilungsprozess um die Hälfte der normalen Dauer. Die Vorzüge von fast fünfzig Inhaltsstoffen sind noch gar nicht erforscht. Wir dürfen auf neue positive Erkenntnisse gespannt sein.
Beim Einkauf sollten Sie sich für „Deutschen Bienenhonig“ oder noch besser für „Echten Deutschen Honig“ entscheiden. Achten Sie einmal kritisch auf das Etikett Ihres Honigglases! Die meisten tragen nämlich den Hinweis, dass dieser Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern stammt; genauere Herkunftsangaben fehlen.
Der Erwerb eines fremden Honigs fördert nicht die Erhaltung und die Bestäubungsleistung der Bienen in unserer Region.
Die meisten Honige in unseren Ladenregalen stammen aus fernen Ländern. Sie enthalten Pollen von Pflanzen, die für viele von uns ein Verträglichkeitsrisiko darstellen. Die hohen Qualitätsstandards des Deutschen Imkerbunds e. V. werden nicht erreicht. Die letzten öffentlich gemachten Tests haben wieder ergeben, dass der Echte Deutsche Honig sowohl geschmacklich als auch inhaltlich an der Spitze steht.
Schmecken Sie den Unterschied! Ich betreue mehrere Honigbienenvölker und weiß daher, dass der Honig jedes Volks anders schmeckt. Manchmal gelingen zwei Ernten pro Bienenvolk und Jahr. Und der Honig jeder Ernte schmeckt wiederum anders.
Das entspricht auch den Bedingungen der Natur. Die Aromastoffe der Frühjahrsblüten prägen einen anderen Honig als die der Sommerblüten. Der erhöhte Traubenzuckeranteil des Frühlingsnektars begünstigt einen festeren Honig. Und die wenigen Blütenpflanzen im Spätsommer veranlassen die Bienen zu Waldbesuchen. Das Ergebnis sind dunkle, flüssige, würzige Honige.
Der Industriehonig, der im Supermarkt fast ausschließlich angeboten wird, bietet diese Vielfalt nicht. Er ist eine Mixtur unterschiedlicher europäischer und exotischer Honige, die erwärmt und nach einer künstlich entwickelten Rezeptur vermengt worden sind und immer gleich aussehen und immer gleich schmecken. Verlangen Sie das Beste! Entscheiden Sie sich für den Honig deutscher Erzeuger, die überwiegend Hobbyimker sind und keine gewinnorientierten Vorteile anstreben!
Wussten Sie eigentlich, dass eine Biene für das Sammeln eines Pfunds Honig eine Strecke fliegen müsste, die dreieinhalb Mal um die Erde reicht?
Ihr kurzes Leben gestattet es ihr allerdings lediglich, insgesamt einen Teelöffel voll Honig zu sammeln.