Das Bienenjahr

Herbst

Ab August finden die Bienen kein Blüten-Massenangebot mehr. Sie sind triebhafte Sammlerinnen, die nach Ersatzstoffen suchen und nun – trotz ausreichender eigener Honigvorräte – sogar andere Bienenvölker überfallen, um diesen den Honig zu rauben. Nicht selten bringen sie das überfallene Volk bis auf die letzte Biene um. Diese „Räuberei“ ist ein flächendeckendes Phänomen, das jedes Jahr Anlass zur Sorge bereitet. 

Der Parasit Varroa-Milbe im Honigbienenvolk hat nun eine Populationsstärke erreicht, die lebensbedrohlich werden kann. Wenn der Imker nicht durch Einsatz von natürlichen Säuren interveniert, werden die Bienen den Winter wahrscheinlich nicht überleben.

Die weiblichen Arbeitsbienen entfernen ab September die Drohnen unter Gewaltanwendung aus den Bienenbeuten. Sie werden nicht mehr gebraucht und reduzieren die Vorräte nicht unerheblich. Die körperlich überlegenen Drohnen können sich nicht erfolgreich wehren. Sie haben keinen Stachel. Außerhalb der Beute verhungern sie, da sie ohne die Hilfe ihrer Schwestern keine Nahrung aufnehmen können.

Winter

Das Bienenvolk hat seine Stärke von bis zu 40.000 (Mai/Juni) auf ca. 5.000 Tiere runtergefahren,

um die Vorräte zu schonen. Die Königin legt nun zeitweise gar keine Eier mehr.

Die Bienen schützen sich vor der Kälte durch Bildung einer „Traube“, in der sie eng aneinander sitzen, die Oberfläche des Volkskörpers klein halten und durch Muskelvibration Wärme erzeugen. Im Zentrum ist es am wärmsten. Ein halbes Jahr lang wandern nun ständig Bienen vom kühlen Traubenrand zum Mitte, um sich aufzuwärmen, und kehren aufgewärmt an den Rand zurück, bis sie wieder abgekühlt sind. Die Traube verkraftet Temperaturen von bis zu minus 50 Grad Celsius.

Die Winterbienen leben sechs bis sieben Monate lang.

Frühjahr

Wenn die Außentemperatur 10 Grad erreicht, können Bienen wieder fliegen. Sie verschmutzen die Beute im Regelfall nicht durch Ausscheidungen. Nun können sie sich nach langer Zeit erstmals wieder draußen vom Kot befreien. Sie beginnen, Pollen und Nektar einzutragen. Die Königin legt zunehmend Eier. Im Mai sind es bis zu 2.000 Eier pro Tag. Sind die Tiere mit den Bedingungen im Stock nicht zufrieden (eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Königin, räumliche Enge, zu wenig zu tun), so ziehen sie eine neue Königin nach. Die alte Königin wird zum Verlassen der Beute veranlasst. Mit ihr zieht ungefähr die Hälfte des Volks  in Gestalt eines Schwarms und sucht eine neue Unterkunft.

Die Arbeiterbienen besetzen mehr als zwanzig sehr unterschiedliche Funktionen, die sie in Form einer Karriere wechseln. Erst in den letzten Tagen ihres drei bis sechs Wochen langen Sommerbienen-Lebens verlassen sie die Beute als Spur- und Sammelbienen. Bis dahin haben sie sich nur innen nützlich gemacht. 

Die Sammelbienen fliegen 3 bis 5 km weit, um den Nektar zu beschaffen, der aktuell von den Bienen

ihres Volks bevorzugt wird. Bienen sind blütentreu. Das heißt, dass sie den Nektar einer Pflanzenart solange zusammentragen, bis sie davon nichts mehr finden. Erst danach entscheiden sie sich für eine andere Trachtpflanze. Da die Vorlieben  von Volk zu Volk unterschiedlich sind, schmeckt auch der Honig jedes Volks anders.

Sommer

Ab Mai speichern die Bienen Nektar und Honigtau. Sie wandeln diese Stoffe in vielen Einzelschritten zu Honig um. Vom Nektar bleibt nur ein geringer Teil als Honig zurück. Der Honig diente unter natürlichen Bedingungen als Winterfutter. Ein Volk braucht davon im Winter nur 15 bis 18 kg, speichert aber 30 kg und mehr.

Der Imker entnimmt ca. 90 % des Honigs und stellt den Tieren stattdessen Sirup oder Futterteig zur Verfügung.

Bildquellen:
„Behausungen für Honig- und Wildbienen“, „Bienenbeuten im Winter“, „reges Treiben im Frühjahr“: Wolfgang Neiss
„Bienen auf einer Passionsblume“: Heinz Kuhlen